Europäische Energieeffizienzpolitik

Die Energieeffizienzpolitik Europas befindet sich in einer Phase der Weichenstellung. Durch die Beschlüsse des Klimaschutzabkommens von Paris sieht sich Europa in der Pflicht einen erheblichen Beitrag zu leisten. Der Energieverbrauch der EU muss gesenkt werden, was nur durch eine europäisch koordinierte und alle Sektoren durchdringende Energieeffizienzpolitk gelingen kann.

Flagge der Europäischen Union Quelle: © iStock.com/instamatics

Energieeffizienzpolitik der Europäischen Union

Der Bereich Energie ist eines der wesentlichen aktuellen Themen der Europäischen Union (EU). Die Kompetenz dazu teilen sich die Mitgliedsstaaten mit der EU gemäß Artikel 4 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Innerhalb der Energiepolitik der EU liegen die Schwerpunkte auf dem Energiebinnenmarkt, dem Ausbau erneuerbarer Energien, der Netz- und Erzeugungsinfrastruktur, der Versorgungssicherheit, der Bekämpfung der Energiearmut, der Dekarbonisierung des Energiesystems sowie der Energieeffizienz. Eine Koordinierung auf europäischer Ebene ist an dieser Stelle unerlässlich, um Effizienzpotentiale sowie Synergien auszunutzen und um die Ziele des internationalen Klimaschutzabkommens von Paris 2015 (COP 21) zu erreichen. Mit dem Europäischen Klima- und Energierahmen 2030, der im Jahre 2014 vorgestellt wurde, sowie der Veröffentlichung des EU-Legislativpaketes „Saubere Energie für alle Europäer“ (sogenanntes „Winterpaket“) im Jahre 2016, hat die EU umfangreiche Legislativpakete zur Steigerung der Energieeffizienz erlassen. Das Winterpaket beinhaltet unter anderem die Verabschiedung verschiedener Rechtsakte, wie z.B. der Verordnung über die Governance der Energieunion (Governance-Verordnung) sowie die Novellierung zentraler Richtlinien, wie z.B. der Energieeffizienzrichtlinie oder der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Ende 2019 hat die EU-Kommission zusätzlich den sogenannten „Green Deal“ vorgestellt. Mit diesem soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. 2020 und 2021 sollen zur Erreichung dieses Ziels von der EU-Kommission rund 50 Maßnahmen vorgestellt werden, darunter unter anderem auch solche, die den Bereich der Energieeffizienz betreffen.

Die europäische Energieeffizienzpolitik spiegelt sich in unterschiedlichen Richtlinien und Verordnungen wieder, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

Energieeffizienzrichtlinie

Die Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU (EED) vom 25. Oktober 2012 etabliert eine Fülle von Maßnahmen und einheitlichen Regeln, um das für 2020 gesetzte Energieeffizienzziel der EU zu erreichen. Dieses sieht vor, den Primärenergieverbrauch im Jahr 2020 um 20 % gegenüber einer zugrunde gelegten Referenzentwicklung zu verringern. Dazu setzt sie unter anderem in Artikel 7 EED auf die Endenergieeinsparverpflichtung. Demnach müssen die Mitgliedsstaaten der EU zwischen 2014 bis 2020 jährlich Energieeinsparungen von 1,5% des Endenergieabsatzes der Endverbraucher erreichen. Die Bundesregierung hat eine Vielzahl von Maßnahmen verabschiedet, um dieses Ziel zu erreichen. Sie werden innerhalb des Abschnitts Nationale Energieeffizienzpolitik näher beleuchtet. Im Jahr 2018 hat die EU mit der Verabschiedung der Neufassung der EU-Energieeffizienz-Richtlinie (EED) zusätzliche Vorgaben erstellt, um den Energieverbrauch europaweit, besonders im Hinblick auf die Periode zwischen 2021 und 2030, weiter zu senken. Die Novellierung der Energieeffizienz-Richtlinie sieht hierbei vor, dass der Primärenergieverbrauch in der EU bis zum Jahr 2030 um 32,5% gegenüber einer zugrunde gelegten Referenzentwicklung, die im Rahmen von Prognosen im Jahre 2007 modelliert wurde, reduziert wird. Mitgliedstaaten entscheiden hierbei frei über ihren indikativen Beitrag zum EU-Energieeffizienzziel für 2030. Das zugrundeliegende zentrale Umsetzungsinstrument (die „Endenergieeinsparverpflichtung") wurde daran anschließend über 2020 hinweg verlängert und erweitert. Im Zuge dessen wurden erstmals jährliche reale Einsparungen von 0,8% beschlossen. Die Mitgliedstaaten mussten bislang zwar Maßnahmen im Umfang von 1,5% ergreifen, diese konnten aber durch die Möglichkeit zahlreiche Ausnahmen geltend zu machen, auf ein Niveau herunter gerechnet werden, welches mitunter deutlich unterhalb der neu beschlossenen Rate von 0,8% lag.
Im Jahr 2021 wurde im Rahmen des Fit for 55 Pakets erneut eine Novellierung der EED angestoßen und verhandelt. Die neue Richtlinie (EU) 2023/1791 sieht eine Verringerung des Primär- und Endenergieverbrauchs von mindestens 11,7 % vor basierend auf einer aktuellen Referenzentwicklung (PRIMES 2021). Dies stellt eine deutliche Ambitionssteigerung im Vergleich zur vorherigen Regelung dar, da sich die EU-Ziele nun auf eine neue Referenzentwicklung beziehen. Die Ambitionssteigerung lässt sich auf europäischer Ebene für den Endenergieverbrauch mit -42 % beziffern und ist damit im Vergleich zur Zielsetzung der EED 2018 (-32,5 %) um 9,5 % höher. Für den Primärenergieverbrauch wiederum sind es -50,07 % im Vergleich zur Zielsetzung der EED 2018 (-32,5 %) und damit um 17,57 % ambitionierter. Diese Zahlen sind im Hinblick auf das alte Referenzszenario (PRIMES 2007) zu interpretieren. Zur Erreichung dieser Gesamtziele der EU legen die Mitgliedstaaten indikative nationale Beiträge und Zielpfade fest, um das genannte Ziel zu erreichen. Gemeldet werden die Zielbeiträge dann im Rahmen der Nationalen Energie- und Klimapläne. Sollten die gesammelten Beiträge der Mitgliedstaaten nicht ausreichen, um das 11,7-% Ziel zu erreichen, kann die Kommission Korrekturen der nationalen Beiträge vornehmen.
Im Vergleich zur Richtlinie aus 2018 wird die jährliche Einsparverpflichtung unter dem neuen Artikel 8 der EED (vormals Artikel 7 EED) von 2024 bis 2030 schrittweise angehoben. Die Mitgliedstaaten werden in diesem Zeitraum neue jährliche Einsparungen in Höhe von durchschnittlich 1,49 % des Endenergieverbrauchs gewährleisten, die bis zum 31. Dezember 2030 schrittweise auf 1,9 % steigen sollen.
Neben diesen Regelungen stärkt die EED die Vorbildrolle der öffentlichen Hand, indem neue Vorschriften für diesen Sektor getroffen werden. So wird festgelegt, dass öffentliche Stellen ihren jährlichen Energieverbrauch um 1,9 % zu senken haben, wobei der öffentliche Verkehr und die Streitkräfte ausgenommen werden können. Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, jedes Jahr mindestens 3 % der Gesamtfläche aller Gebäude, die sich im Eigentum öffentlicher Einrichtungen befinden, zu renovieren.
Außerdem stärkt die EED die Rolle des „Energy Efficiency First“-Grundsatzes, indem sie eine praktische Integration in Planungsprozesse ab einem gewissen Investitionsvolumen fordert.
Die EED bezieht sich weiterhin auf folgende Bereiche: Energieaudits, Verbrauchserfassung und Abrechnung, Effizienz bei der Energieversorgung (inklusive Kraft-Wärme-Kopplung) und den Markt für Energiedienstleistungen.

EU-Gebäuderichtlinie

Die EU-Gebäuderichtlinie 2010/31/EU (EPBD) vom 19. Mai 2010 sowie deren Neufassung beziehungsweise Konsolidierung vom 24. Dezember 2018 unterstützen die Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden in der Europäischen Union unter Berücksichtigung der jeweiligen äußeren klimatischen und lokalen Bedingungen. Sie ist das Hauptinstrument der EU zur Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebestand. Die Richtlinie enthält Anforderungen an die Methode zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und Gebäudeteilen und schreibt zusätzlich die Anwendung von Mindestanforderungen an Gebäude und deren Bauteile vor. Darüber hinaus stellt die Richtlinie Anforderungen an nationale Pläne zu Erhöhung der Zahl der Niedrigstenergiegebäude, die Erstellung von Energieausweisen für Gebäude, die regelmäßige Inspektion von Heizungs- und Klimaanlagen in Gebäuden und an unabhängige Kontrollsysteme für Ausweise über die Gesamtenergieeffizienz und Inspektionsberichte. Die Novellierung der Gebäuderichtlinie beinhaltet eine Weiterentwicklung der bisher in der Energieeffizienzrichtlinie geregelten langfristigen Renovierungsstrategien. Zusätzlich sind in der Novelle Vorgaben mit inbegriffen, mit welchen neue Gebäude besser an künftige Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Verkehrs- und Energieinfrastruktur angepasst werden können. Darüber hinaus wird ein Impuls zur Errichtung der erforderlichen Infrastruktur für die Elektromobilität in der Richtlinie verankert.

Ökodesign-Richtlinie

Die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG vom 21. Oktober 2009 ist ein Instrument zur Umsetzung des EU Top Runner-Ansatzes. Ziel ist es, ökologische Aspekte, die den gesamten Lebenszyklus eines Produktes betreffen (Herstellung, Energieverbrauch im Betrieb, Emission von Schadstoffen, Entsorgung), frühzeitig in der Produktentwicklung zu berücksichtigen. Die Ökodesign-Richtlinie bildet einen Rechtsrahmen, der es ermöglicht, Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung von Produkten, die Energie verbrauchen, festzulegen. Dazu werden solche Produkte zunächst identifiziert. Anschließend werden produktgruppenspezifische Anforderungen und Maßnahmen in Verordnungen festgelegt. Im Ergebnis können besonders ineffiziente Geräte schrittweise vom EU-Binnenmarkt ausgeschlossen werden. Derzeit sind für 22 Produktgruppen Durchführungsverordnungen in Kraft.

Rahmenverordnung über die europaweit einheitliche Energieverbrauchskennzeichnung von Produkten

Das Ziel der Rahmenverordnung ist es, mehr Transparenz über den Energie- und Ressourcenverbrauch von Produkten herzustellen. Diese Transparenz soll zum einen Verbrauchern bei der Kaufentscheidung helfen und zum anderen Herstellern einen Anreiz für die Entwicklung immer effizienterer Produkte liefern. Farbige Effizienzskalen stellen den Energieverbrauch verschiedener Produkte sichtbar sowie nachvollziehbar dar. Insofern vereinfachen solche Skalen europaweit die Auswahl für Kunden beim Kauf energieeffizienter Produkte. Gleichzeitig bewirken die Effizienzskalen einen höheren Wettbewerb zwischen den Herstellern energieeffizienter Produkte, da potenzielle Kunden die anschaulich dargestellte Energieeffizienz von Geräten bei ihrer Kaufentscheidung eher berücksichtigen. Bei der Vergabe von Effizienzklassen legt die Europäische Union einen einheitlichen Rahmen fest. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Rahmenverordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung (EU) 2017/1369 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04. Juli 2017. Hierbei erstreckt sich der Anwendungsbereich der Verordnung im Prinzip auf alle energieverbrauchsrelevanten Produkte. Darunter fallen nicht ausschließlich Haushaltsgeräte, sondern auch Produkte, die für eine gewerbliche Anwendung vorgesehen sind wie z. B. gewerbliche Kühlgeräte sowie Produkte, die keinen eigenen Energieverbrauch besitzen, jedoch den Verbrauch von Energie selbst stark beeinflussen beispielsweise Wärmeschutzfenster in Gebäuden. In der Bundesrepublik Deutschland ist die EU-Rahmenverordnung zur Energieverbrauchskennzeichnung von Produkten zum einen mit der Neufassung des Energieverbrauchskennzeichnungsgesetzes (EnVKG) und zum anderen im Zuge der Novellierung der Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EnVKV) erweitert und ergänzt worden. Die beiden genannten Vorschriften sind dabei am 17. Mai 2012 in Kraft getreten (BGBl. I S. 1070). Das Ziel dieser beiden Vorschriften ist es eine Verbesserung der Marktüberwachung im Hinblick auf die Produktkennzeichnung zu erreichen. Dies wird in Übereinstimmung mit der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 durch die Erweiterung der Vollzugsbefugnisse und -pflichten der Länder innerhalb der Marktüberwachung erreicht.

Concerted Action

Die Bundesstelle für Energieeffizienz vertritt Deutschland bei der von der Europäischen Kommission finanzierten sogenannten Concerted Action (CA) für die relevanten EU-Richtlinien im Effizienzbereich (Energieeffizienz-Richtlinie (EED) und Gebäudeeffzienzrichtlinie (EPBD). Im Rahmen der CA EED sowie der CA EPBD treffen sich Vertreter der Mitgliedstaaten zweimal pro Jahr und tauschen sich über den Stand und die Art und Weise der Umsetzung der jeweiligen Richtlinie aus.

Weitere Informationen über die Funktionsweise der CA EED sowie der CA EPBD sowie über Vorträge und Projekte finden Sie auf den Internetseiten der CA. Die entsprechenden Links finden Sie unter „Zum Thema"

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